Genomik

Genomik - kurz und prägnant erklärt

Dank der genomischen Selektion kann der Zuchtwert (ZW) für ein Merkmal direkt aus dem Erbgut bzw. Genom eines Tieres geschätzt werden. Möglich machen dies die sogenannten SNP (=Basenpaare eines DNA-Strangs), welche gleichmässig über das gesamte Genom eines Tieres verteilt sind.

Es gibt auf dem Erbgut Millionen Marker, sogenannte SNP’s. Diese können im Labor bestimmt werden. Bei vielen schon nachzuchtgeprüften Stieren wurde das Gleiche vorgenommen. Diese Stiere stellen damit die Referenzpopulation dar. Anhand dieser Referenzpopulation werden die Ausprägungen der uns interessierenden Marker sicheren Zuchtwerten gegenübergestellt. Dieser Vorgang wird Effektschätzung genannt. Anhand der Effekte der einzelnen Marker kann ein Zuchtwerte, der sogenannte direkt genomische Zuchtwert, geschätzt werden. Um eine höhere Sicherheit zu erreichen, werden die Zuchtwerte der Elterntiere miteinbezogen. Dies ist der genomisch optimierte Zuchtwert.

Die Deklaration des GOZW variiert, je nachdem welcher Zuchtwert mit dem DGZW kombiniert wurde:

DGZW + Abstammungszuchtwert GA
DGZW + CH-Zuchtwert G
DGZW + Interbull-Zuchtwert GI

 

GOZW  Genomisch optimierter Zuchtwert
DGZW  Direkter genomischer Zuchtwert
GA  direkter genomischer Zuchtwert (DGZW) kombiniert mit dem traditionellen Abstammungs-ZW
G  Genomisch optimierter ZW aus Kombination von direkt genom. ZW und ZW Schweiz
GI  Genomisch optimierter ZW aus Kombination von direkt genom. ZW und ZW Interbull

 

SWISScow-Chip durch Qualitas entwickelt

Die SNP-Typisierung erfolgt heute beim IFN-Labor in Berlin mit einem von Qualitas und Partnern neu entwickelten und für die Schweizer Rassen optimierten SNP-Chip. Es handelt sich um den SWISScow Custom 300k Array. Ein grosser Vorteil des neuen Chips ist, dass alle für BS und OB relevanten Einzelgentests ohne Zusatzkosten mitgeliefert werden (Hornlosigkeit, Kappa-Kasein, Beta-Kasein A2, alle Erbfehler inkl. des neuen Original Haplotyp 1).

-Schmibach's Brown Swiss, Beni Schmid, Schüpfheim LU-
«Die Genomik bringt mir wichtige Hinweise über die inneren Werte meiner Herde.»

Vorteile

  • Sie profitieren von einem grösseren Zuchtfortschritt durch eine strengere Auswahl von Tieren.
  • Dank eines verkürzten Generationenintervalls wird der Zuchtfortschritt bei den Stieren erhöht.
  • Jungstiere weisen bereits Zuchtwerte für fast alle Merkmale mit einer guten Sicherheit auf.
  • Genomische Zuchtwerte werden von den KB-Organisationen bei der Auswahl der Stierenmütter berücksichtigt.
  • Mit einer genomischen Typisierung werden alle bekannten Erbfehler sowie genetische Marker wie Kappa Kasein, Beta-Kasein A2 oder Hornlosigkeit bestimmt.

Probenahme

Die Probe für die Untersuchung kann mittels Haarkarte oder Gewebeohrmarke erfolgen.

Für die Haarprobe müssen 50 bis 100 Haare mit Wurzeln aus dem Schwanzansatz gezogen werden. Um eine rationelle Verarbeitung zu gewährleisten, müssen die Proben mit dem TVD-Kleber beschriftet werden. Das Auftragsformular wird über das BrunaNet ausgedruckt und der Haarprobe beigelegt. Detaillierte Anleitungen zur Probenahme und zur Erstellung des Auftragsformulars finden Sie unter Downloads. Die Haarkarten können bei Braunvieh Schweiz via Telefon, Mail oder via WhatsApp bestellt werden.

Die Gewebeohrmarke ermöglicht die Markierung des Tieres und eine Gewebe-Entnahme in einem Schritt. Anhand des Gewebes kann das Labor die SNP analysieren und die genomischen Zuchtwerte rechnen. Ein Vorteil der Gewebeohrmarke ist, dass für herkömmliche Typisierungen keine Auftragserfassung über das BrunaNet mehr nötig ist. Das Probematerial kann mit den Luftpolstertaschen, welche den Ohrenmarken jeweils beigelegt werden an die Qualitas AG geschickt werden. Die Bestellung der Gewebeohrmarke erfolgt wie bei den gewöhnlichen Ohrmarken über die Identitas AG.

Tarife Genomische Selektion

Nutzen Sie die genomische Selektion, um Ihre Zucht weiterzubringen!

Unsere Tochterfirma Qualitas AG verschickt das Probenmaterial in der Regel wöchentlich an das Partnerlabor und  stellt den Zuchtorganisationen an folgenden Daten (meist ein Dienstag) neue genomische Zuchtwerte zu:

15.08.202329.08.2023
12.09.202326.09.2023
10.10.202324.10.2023
07.11.202321.11.2023
12.12.202321.12.2023 (Donnerstag)
09.01.202423.01.2024
06.02.202420.02.2024
05.03.202419.03.2024
09.04.202423.04.2024
07.05.202421.05.2024
04.06.202418.06.2024
02.07.202416.07.2024
30.07.202420.08.2024
10.09.202424.09.2024
08.10.202422.10.2024
05.11.202419.11.2024
10.12.202424.12.2024

Genetische Marker

Braunvieh Schweiz weist Informationen zum Erbfehlerstatus der Tiere auf dem Abstammungsausweis, dem Leistungsblatt oder in anderen Herdebuchdokumenten aus. Die Erbfehlerdeklaration richtet sich nach den Beschlüssen der europäischen Vereinigung der Braunviehzüchter. Sie ist international abgesprochen und erfolgt auch in den übrigen Braunviehländern in gleicher Weise. Stiere, welche für den KB-Einsatz vorgesehen sind, müssen auf sämtliche bekannte Erbfehler getestet sein. Stiere, die als Träger der Spinnengliedrigkeit (Arachnomelie) erkannt werden, dürfen nicht eingesetzt werden.

Deklaration der Erbfehler

Erbfehler werden mit einem dreistelligen Buchstabencode deklariert. Die ersten beiden Stellen bezeichnen den Erbfehler, die letzte Stelle den Status (C = Carrier = Träger, F = Free = Erbfehlerfrei).

Erbfehler Bezeichnung Erbfehlerfrei Bezeichnung Träger
Arachnomelie ARF ARC
SMA SMF SMC
SDM SDF SDC
Weaver WEF WEC
BH2 B2F B2C
BH14 B14F B14C
Renale Dysplasie RYF RYC
FH2 F2F F2C
OH1 O1F O1C

 

Die oben genannten Erbfehler werden alle rezessiv vererbt. Das bedeutet, dass ein Tier nur erkrankt, wenn es das Erbfehlergen sowohl vom Vater wie auch von der Mutter erhalten hat. Braunvieh Schweiz empfiehlt, Risikopaarungen zu vermeiden. Durch eine SNP-Typisierung kann über sämtliche, aktuell bekannten Erbfehler eine Aussage gemacht werden.

Homozygote Trägertiere eines Erbfehlers werden mit einem S (für sure = sicher) gekennzeichnet (z.B. B2S). Für den Züchter hat dieser Spezialfall keine Bedeutung, da solche Tiere in der Regel nicht lebensfähig sind. Ausnahme sind hier reinerbige Trägertiere des Erbfehlers OH1, welche mit O1S gekennzeichnet sind. Diese Tiere sind normal lebensfähig, haben aber eine Sehschwäche oder sind sogar blind. Tiere mit dieser Ausprägung des Erbfehlers sollten nicht zur Zucht verwendet werden.

Hornlose Tiere erhalten folgende Abkürzungen:

Hornlosigkeit Status Deklaration
Eigendeklaration Hornlos POR (polled reported)
Gentest Heterozygot hornlos POC (polled carrier)
Homozygot hornlos POS (true polled)
Homozygot behornt POF (polled free)

 

Wurde ein Tier via genomische Selektion als Gurt- ober Blüem-Träger identifiziert, so wird es wie folgt vermerkt:

Marke Status Deklaration
Gurt Träger mischerbig GUC
Träger reinerbig GUS
Blüem Träger mischerbig BMC
Träger reinerbig BMS

Beschreibung der Erbfehler

Arachnomelie ist auch unter dem Namen Spinnengliedrigkeit bekannt. Kälber mit diesem Erbfehler werden tot geboren oder gehen gleich nach der Geburt ein. Sie weisen dünne, verlängerte und brüchige Röhrenknochen auf. Die Gelenke sind verkrüppelt und häufig versteift. Der Kopf weist auf der Stirn eine Delle auf und der Unterkiefer ist stark verkürzt. Dieser Erbfehler wurde vor allem über Beautician beim Braunvieh verbreitet.

SDM wird beim Braunvieh als Abkürzung für die spinale Dysmyelinisierung verwendet. Davon betroffene Kälber liegen ab Geburt fest und zwar meistens in Seitenlage mit gestreckten Beinen. Den Kopf halten sie häufig nach oben hinten („Mondgucker“). Da betroffene Kälber auf keine Behandlung ansprechen, gehen sie in der Regel in der ersten Lebenswoche ein oder werden eingeschläfert. SDM geht auf den Stier Elegant zurück.

SMA steht als Abkürzung für spinale Muskelatrophie. Von diesem Erbfehler betroffene Kälber sind meistens zuerst gesund. Erst mit etwa 3 bis 5 Wochen zeigen sich Lähmungserscheinungen und die Kälber liegen fest. Der Muskelschwund zeigt sich vor allem im Bereich des Stotzens. Später kommen häufig Husten und Atemprobleme dazu. SMA-Kälber werden selten älter als 2 Monate. SMA geht auf den Stier Destiny zurück und wurde bei uns vor allem über Delegate, Matthew, Improver und Jetway weiterverbreitet.

Weaver zeigt sich erst, wenn die Tiere die Geschlechtsreife erreichen oder bereits trächtig sind. Betroffene Tiere zeigen einen unsicheren Gang und magern vor allem in der Nachhand ab. Weaver wurde über die Stiere Target und Matthew vererbt.

BH2 steht als Abkürzung für den Braunvieh Haplotyp 2. Betroffene Tiere werden tot geboren oder gehen in der Regel in den ersten Lebenswochen ein. Tiere, welche aufgrund des Gentests als Träger von BH2 erkannt werden, werden mit dem Kürzel B2C gekennzeichnet.

BH14 steht als Abkürzung für Braunvieh Haplotyp 14. Im reinerbigen Zustand führt es zu einem embryonalen Frühabort. Die Störung wird mit dem Gen L55 in Verbindung gebracht, das auch bei anderen Tierarten zu Fruchtbarkeitsstörungen führt. BH14 wurde in der Schweizer Population über die Stiere R Hart Christians Ace und R Hart TC Denmark verbreitet.

Renale Dysplasie ist eine Erbkrankheit, die seit längerem beim Grauvieh bekannt ist. Einzelne Brown-Swiss-Tiere weisen diesen Defekt ebenfalls auf und zeigen dieselben Symptome (Kümmerer, struppiges Haarkleid, übermässiges Klauenwachstum), die auf eine Störung der Nierenfunktion zurückzuführen ist. Da die Frequenz des Erbfehlers bei Brown Swiss extrem tief ist, werden lediglich Trägertiere deklariert.

FH2 steht als Abkürzung für Fleckvieh Haplotyp 2. Es ist ein alter Erbfehler, welcher sowohl in der Fleckvieh-, als auch in der OB-Population vorkommt. Betroffene Tiere zeigen im Verlauf der ersten Lebenswochen ein stark vermindertes Wachstum. Sie sind mittelfristig nicht überlebensfähig. OB- und ROB-Tiere, die als Träger von FH2 erkannt werden, werden mit dem Kürzel F2C gekennzeichnet.

OH1 ist die Abkürzung für Original Braunvieh Haplotyp 1. OH1 ist ein Erbfehler, der beim OB vorkommt. Die betroffenen Tiere zeigen eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Sehschwäche. Die Sehschwäche wird teilweise erst bemerkt, wenn das Tier bereits etwas älter ist. Bei Brown Swiss kommt OH1 nur in einer sehr tiefen Frequenz vor und wird daher nur bei OB- und ROB-Tieren publiziert. Ausnahme sind hier reinerbige Trägertiere des Erbfehlers OH1, welche mit O1S gekennzeichnet sind. Diese Tiere sind normal lebensfähig, haben aber eine Sehschwäche oder sind sogar blind. Diese Tiere sollten nicht zur Zucht verwendet werden.